Zunächst einige Definitionen von Kirche:
Nicäno-Konstantinopolitanum (451)
Wir glauben an … die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche.
Apostolisches Glaubensbekenntnis (5.Jhd)
Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige katholische Kirche
Confessio Augustana, Melanchton Artikel 7 (1530):
Es wird auch gelehrt, dass allezeit eine heilige, christliche Kirche sein und bleiben muss, die die Versammlung aller Gläubigen ist, bei denen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente laut dem Evangelium gereicht werden.
Luther, Schmalkaldische Artikel XII (1536):
Denn es weiß Gott Lob ein Kind von sieben Jahren, was die Kirche sei, nämlich die heiligen Gläubigen und Schäflein, die ihres Hirten Stimme hören.
Heidelberger Katechismus, Frage 55 (1563):
Was verstehst du unter der Gemeinschaft der Heiligen? Erstens, daß alle und jede Gläubigen als Glieder an dem Herrn Christus und allen seinen Schätzen und Gaben Gemeinschaft haben. Zweitens, daß ein jeder sich schuldig wissen soll, seine Gaben zum Nutzen und Heil der anderen Glieder willig und mit Freude zu gebrauchen.
Glaubensbasis der Evangelische Allianz (1977):
Wir bekennen uns zum Priestertum aller Gläubigen, die die weltweite Gemeinde bilden, den Leib, dessen Haupt Christus ist, und die durch seinen Befehl zur Verkündigung des Evangeliums in aller Welt verpflichtet ist;
Zunehmend wurde in den letzten Jahren von der Wotwurzel des griechischen Wortes „Ekklesia“ argumentiert. Vor allem bei Johannes Reimer, die Welt umarmen, S.36:
„Etymologisch leitet sich der Begriff vom griechischen ek-kaleo ab und meint so viel wie „die Herausgerufene“. Der Begriff wurde außerbiblisch seit dem 5. Jahrhundert vor christus für die Vollversammlung der wahlberechtigten Bürger der griechischen Stadt, der polis gebraucht. Diese politische Versammlung war nur den freien Bürgern einer Stadt zugänglich. Nur sie wurden zur ekklesia gerufen. (…) Die inhaltlichen Parallelen von quahal und ekklesia müssen den Übersetzern der LXX deutlich vor Augen gestanden haben: In beiden Fällen handelt sich um einen Begriff des Volkes als Gemeinschaft, die als Resultat besonderer Stellung und damit auch besonderer Verantwortung für das Wohl dieser Gemeinschaft zusammengerufen wird. Sowohl quahal als auch ekklesia meinen diese Gemeinschaft umfassend, ganzheitlich. Es sind sozio-politische Begriffe mit weitreichenden Folgen für die zugehörigen Mitglieder des Gemeinwesens.“
Im Neuen Testament gibt es viele Bilder für die Gemeinde/Kirche (Körper/Leib, Licht der Welt, Jungfrau/Braut, Tempel, …). Ich will v.a. auf das Bild der Schafe eingehen.
Luthers einfache ekklesiologische Definition lautet:
„Schafe, die ihres Hirten Stimme hören.“
1. Jesus ist der gute Hirte
Joh 10,11
Ich bin der gute Hirte; der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.
2. Unser Auftrag ist es, auf die Stimme des Hirten zu hören
Joh 10,27
Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir;
3. Jesus fordert uns heraus, sich Gefahren auszusetzen
Mt 10,16
Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter Wölfe
4. Jesus achtet auf seine Gemeinde, keiner der wahrhaftig zu ihm gehört, geht verloren
Mt 18,12
Was meint ihr? Wenn ein Mensch hundert Schafe hätte und eins von ihnen sich verirrte, lässt er nicht die neunundneunzig auf den Bergen und geht hin und sucht das irrende?
5. Jesus wird die wahren Nachfolger erkennen
Mt 25,32
und vor ihm werden versammelt werden alle Nationen, und er wird sie voneinander scheiden, wie der Hirte die Schafe von den Böcken scheidet. Und er wird die Schafe zu seiner Rechten stellen, die Böcke aber zur Linken.
6. Jesus gibt uns den „Hirten-Auftrag“ weiter, und setzt uns stellvertretend als Hirten ein; aber Jesus bleibt der einzigartige Hirte über allen
Joh 21,16
Wieder spricht er zum zweiten Mal zu ihm: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe. Spricht er zu ihm: Hüte meine Schafe!
Apg 20,28
Habt acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in welcher der Heilige Geist euch als Aufseher eingesetzt hat, die Gemeinde Gottes zu hüten, die er sich erworben hat durch das Blut seines eigenen Sohnes!
1Petr 5,2
Hütet die Herde Gottes, die bei euch ist, nicht aus Zwang, sondern freiwillig, Gott gemäß, auch nicht aus schändlicher Gewinnsucht, sondern bereitwillig,
Zusammenfassend:
Gemeinde/Kirche ist dort, wo Menschen anfangen Jesus nachzufolgen (Schafe dem Hirten). Sie orientieren sich an seinem Wort (Stimme des Hirten). Sie lassen sich herausfordern, Risiken einzugehen (Schafe unter Wölfen). Sie sind beschützt und werden bewahrt durch Jesus (kein Schaf geht verloren). Sie folgen Jesus authentisch nach (Schafe von den Böcken werden unterschieden). Sie lassen sich als Leiter berufen und übernehmen die Verantwortung, andere in der Nachfolge zu führen. (Hüte meine Schafe!)